Ornament (von lat. ornare = schmücken) Oberbegriff für alle Formen der Verzierung. Ornamente treten als schmückende und gliedernde Elemente hauptsächlich in Architektur, Kunstgewerbe, (Möbel-)Design und Buchkunst auf. Das Ornament kann aufgemalt, eingraviert oder reliefartig erhöht erscheinen. Es kann sparsam einen Gegenstand akzentuieren oder diesen in reicher Fülle vollständig überwuchern. Grundsätzlich unterscheidet man geometrische, in die Abstraktion mündende Ornamente von vegetabilen, naturalistisch stilisierenden, die sich an Vorbildern der Natur orientieren. Wichtige Gestaltungsprinzipien stellen Symmetrie und Reihung dar. Ergibt sich ein reihenförmiger Verlauf (ein sog. Fries), spricht man von einem Bandornament, dehnt sich das Muster in verschiedene Richtungen aus, von einem Flächenornament. Das Ornament zählt zu den frühesten künstlerischen Erscheinungen. Bereits im Jungpaläolithikum finden sich ornamentale Gravierungen auf Knochen und Elfenbein, während die Keramik des Neolithikum geometrische Muster in großer Zahl und Variation kennt. Die griechische Antike schuf ab 1000 v. Chr. mit dem geometrischen Mäanderfries und später mit den stilisierten Pflanzenformen Akanthus und Palmette wesentliche Grundlagen der Ornamentik. In der gesamten europäischen Kulturentwicklung erfuhren diese Formen immer wieder eine Neubelebung. Sogar in jüngster Zeit wurden sie durch die Postmoderne rezipiert und neu verwandelt. In der Geschichte des Ornaments kommt dem rankenden Tierstil der Völkerwanderungszeit besondere Bedeutung zu. Während sich die Renaissance antiker Ornamente bediente, entwickelte das Barock einen reichhaltigen, plastisch verschlungenen Ornamentstil, der in der muschelförmigen Rocaille des Rokoko seinen Kulminationspunkt erreichte. Die puristische Ästhetik des Klassizismus stellte der überbordenden Fülle von Barock und Rokoko das einzelne, sparsam eingesetzte Ornament entgegen (z.B. in Gestalt von Kränzen, Festons oder Vasen). Das 19. Jahrhundert ist von einem bisher unbekannten Stilpluralismus gerade auch im Bereich des Ornaments gekennzeichnet, wobei eine beliebige Verwendung und ein inflationärer Gebrauch zu beobachten sind. Die industrielle Produktion von Ornamenten jeglicher Art trug ihren Teil zu einer inhaltlichen Entleerung bei. Erst ab 1890 gelang es dem Jugendstil ansatzweise, neue, allgemein verbindliche Ornamente zu schaffen. Die pflanzenartig rankende, dynamische Linie bildet die wesentliche formale Substanz des Jugendstildekors, das sich beispielsweise im Möbeldesign und Kunstgewerbe, in der Plakatkunst und sogar der (Innen-)Architektur findet. Mit dem Anbruch des 20. Jahrhunderts traten zunehmend Strömungen auf, die dem Ornament den Kampf ansagten. Funktionalistische Tendenzen in der Architektur forderten energisch das Ende jeglicher Ornamentik, so z.B. Adolf Loos in seinem berühmten Artikel «Ornament und Verbrechen» (1908). Im Bereich des Designs setzte sich in den 20er-Jahren rasch der sachliche, funktionale Stil des Bauhauses durch, der weitgehend auf das Ornament verzichtete - eine Auffassung, die nach dem Zweiten Weltkrieg an der Hochschule für Gestaltung, Ulm, radikalisiert wurde. Erst mit der Pop Art in den 60er-Jahren vollzog sich langsam ein grundsätzlicher Wandel. Bunte Farben und ein spielerisch-unbeschwertes Formenvokabular fanden - unter dem Eindruck von Werbung und Massenmedien - Eingang in die Entwürfe avantgardistischer Designer, die sich in den 70er-Jahren zunehmend vom ornamentlosen Funktionalismus befreiten. Von richtungweisender Bedeutung für die Wiederentdeckung des Ornaments war vor allem das italienische Design, wie z.B. Radikal Design, Studio Alchimia und in besonderer Weise Memphis, das dem Ornament zu einem nicht mehr für möglich gehaltenen, internationalen Durchbruch verhalf. Große Wirkung hatten dabei die Dekors der Laminate (siehe Abet Laminati), vor allem «Bakterios» (von Ettore Sottsass) mit seinen Kokken, Spirillen und Sporen. Aber auch in der bildenden Kunst treten seit den späten 70er-Jahren dekorative Tendenzen in Erscheinung, wie z.B. die italienische Transavantgarde, das amerikanische Pattern Painting oder etwa das Neo Geo, das in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre im deutschsprachigen Raum verbreitet war. Seit den späten 80er-Jahren machen sich im Design neue minimalistische Gruppierungen wie z.B. Zeus als Gegenströmung zur lebhaften Ornamentflut von Memphis bemerkbar. © Königsdorfer Medienhaus, Frechen (René Zey) |